Die 70er

Die 70er

  • „Alte Schuhe wirken ärmlich“, so warb ein Schuhhändler in einer Anzeige. Das empfanden Beschwerdeführer als Diskriminierung von Bürgern, die sich keine neuen Schuhe leisten können. Die Anzeige wurde gestoppt.
  • Ein Kommentator des Senders WDR rügte äußerst engagiert die Werbung eines Produzenten von Haushaltsgeräten. Die Firma betreibe Werbung mit der Inflationsangst: Ihr TV-Spot fordere die Verbraucher dazu auf, wegen der ständig steigenden Preise „lieber jetzt als später“ zu kaufen. Eine Meinungsumfrage ergab, dass die Werbung keine entsprechende Angst auslöst.
  • Der Hersteller einer bekannten Marke für Kinderkleidung zeigte in einer Anzeige drei kleine Kinder in Badehosen. Eines der Kleinen war damit beschäftigt, sich eine durchsichtige Plastikhülle überzustülpen. „Lebensgefährlich“ sagten Beschwerdeführer. Nach Intervention des Werberats nahm das Unternehmen das Motiv aus seiner Kampagne.
  • Auf dem Rücken eines Mannes sah man in einem Werbebild für EDV-Anlagen eine Zielscheibe. Text: „Sie stehen schneller im Kreuzfeuer als Ihr Computer.“ Der Werberat dazu: Das könnten Umworbene als Anspielung auf aktuelle Terrorakte verstehen. Menschen sollten in der Werbung ohnehin nicht als Zielscheibe dargestellt werden.
  • Werbender Text einer Bausparkasse: „Eigenheim ist besser als Altersheim. Man verdrängt, wie tödlich es ist, wenn alte Menschen nur zwischen Alten leben.“ Diese angstmachenden Anzeigen vor Seniorenheimen missbilligte der Werberat und die Sparkasse zog die Anzeigen zurück.
  • Ein Pkw-Produzent veröffentlichte eine Anzeige, auf der Hamlet, mit dem Totenkopf in der Hand, seinen berühmten Satz vom ‚Sein oder Nichtsein‘ sprach. Der Autokonzern behauptete, wer sein Pkw-Modell erwerbe, entscheide sich für ‚Sein‘. Das sei Werbung mit der Angst, so die Beschwerdeführer. Das Anzeigenmotiv verschwand wieder.
  • In Publikumszeitschriften war die Anzeige ‚Cognac für Autofahrer‘ geschaltet. Zwar trank der Autofahrer mit seinem Strohhalm ein Mineralwasser und seine Partnerin den Cognac. Doch wegen der Verwechslungsgefahr beugte sich der Spirituosenproduzent der Kritik der Verkehrsgefährdung und zog die Werbung zurück.
  • Anzeigenwerbung für ein Automobil: „Ich träumte, ich hätte mit dem neuen Opel Manta dem Champion den Grand Prix abgejagt.“ Das schüre Raserei auf den Straßen. Der Hersteller stellte die Werbung nach Beanstandung durch den Werberat ein.
  • Als Verletzung religiöser Gefühle bewerteten Beschwerdeführer Bild und Aussagen eines Pfarrers, der für Spülmittel warb.
  • Ein Christkind präsentierte in einer Anzeige ein alkoholisches Getränk. Im Werbetext stand unter anderem „…Wir geben unseren Christkindern immer ein paar Flaschen zum Aufwärmen mit…Wenn ein Christkind durchnässt vor Ihrer Tür steht und nicht mehr ganz nüchtern ist, haben Sie hoffentlich Verständnis. Christkinder sind auch nur Menschen.“ Der Werberat beanstandete diese Textpassagen. Alkoholmissbrauch werde verharmlost. Auch könnten religiöse Empfindungen verletzt werden.
  • Eine Frauenvereinigung protestierte gegen das Plakat eines Kreditinstituts, auf dem ein älterer Herr und eine jüngere Dame in einem Restaurant abgebildet waren. Der Vorwurf: Darstellung einer „zweifelhaften Liaison“ und Diskriminierung junger Frauen.
  • Wer das offerierte magnetisches Kreuz trägt, werde von Schmerzen befreit, behauptete ein Versandunternehmen. Das sei irreführend, so die Kritik. Der Werberat erwirkte die Streichung der Werbeaussage.
  • Einige Tage nach dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seinen zwei Begleitern erschien eine Anzeige der Motorradmarke, die auch die Mörder bei ihrer Tat benutzt hatten. Geworben wurde mit der Aussage „Die Sportskanone für Scharfschützen“. Der Werberat stellte fest, dass diese Anzeige nachweislich bereits Wochen vor dem Mordanschlag konzipiert worden war, ebenso wie der Drucktermin der Zeitschrift vor dem Attentat lag. Eine absichtliche Verknüpfung mit dem Mord war demnach auszuschließen. Dennoch beanstandete der Werberat das Sujet. Die Verwendung eines derart aggressiven und militärischen Vokabulars in der Motorradwerbung sei zu missbilligen. Das Motiv wurde daraufhin nicht mehr eingesetzt.
  • Wenn ein bekannter Leistungssportler in einer Werbung zur selbstgedrehten Zigarette greift, und damit diese Konsumform empfiehlt, wird die gesundheitsgefährdende Wirkung des Rauchens in nicht vertretbarer Weise heruntergespielt, entschied der Werberat.
  • Der neue Pkw wurde vom Produzenten angepriesen mit der Aussage „Der schlägt ein wie eine Bombe. „Solches militärisches Vokabular überschreite die Grenzen guten Geschmacks, lautete der Protest dagegen. Anders der Werberat: Der kritisierte Werbetext sei Teil der Umgangssprache und werde nicht militärisch eingeordnet.
  • Im Rahmen einer Abo-Werbung teilte eine Jugendzeitschrift mit „Wir verschenken Schallplatten“. Tatsächlich wurde unter dieser Überschrift den künftigen Abonnenten der Erwerb einer auf 5 Mark preisreduzierten Platte offeriert – also nicht geschenkt. Damit war die Überschrift des Werbetextes irreführend und nutzte mögliche Leichtgläubigkeit von Jugendlichen aus, beanstandete der Werberat.