Halbjahresbilanz 2023: Fälle beim Werberat weiter rückläufig, Unternehmen werben verantwortungsvoll

BERLIN, 24.08.2023 (dwr) – Im ersten Halbjahr 2023 hat der Deutsche Werberat zu 203 Fällen entschieden – rund sieben Prozent weniger Werbemaßnahmen im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr (219 Fälle). Fünf Rügen sprach der Werberat in den ersten Monaten 2023 aus (2022: 4), zwei davon verhängte er erstmals zu Games-Werbung. Ein Trend, der sich seit einigen Jahren abzeichnet, setzte sich fort: Werbende Unternehmen gehen sensibler mit ihren Motiven um, der Rückgang beim Vorwurf der geschlechterdiskriminierenden Werbung betrug im ersten Halbjahr 18 Prozent. Die Durchsetzungsquote des Werberats zu allen Beschwerdegründen lag mit 90 Prozent ähnlich hoch wie in den Vorjahren.

Die Zahl der Einzelbeschwerden sank um neun Prozent auf 353 (Vorjahreszeitraum: 388) und nahm damit das fünfte Jahr in Folge ab. Die Zahl der Fälle, zu denen der Werberat entschied, lag mit 203 Fällen auf dem Niveau von 2015 (200 Fälle).

„Der Beschwerdepeak aus der Coronazeit ist Vergangenheit und die Zahlen normalisieren sich, hinzu kommt die gestiegene Sensibilität der Unternehmen beim Thema Sexismus. Gerade die kleineren, werblich oftmals weniger professionell betreuten Betriebe haben die Zeichen der Zeit erkannt und vermeiden zunehmend, mit frauenherabwürdigender Werbung negative Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die kontinuierlich aufklärende Arbeit des Werberats trägt erfreulicherweise Früchte, wie die sinkenden Fallzahlen zeigen“, kommentiert der Vorsitzende des Werberats, Thomas Hinderer, die Halbjahresbilanz.

Inhalte der Werbekritik

Geschlechterdiskriminierende Werbung – hierzu gehört auch sexistische Werbung – zieht seit Bestehen des Werberats die meiste Kritik auf sich. Die Beschwerdefälle nahmen gerade in diesem Bereich um 18 Prozent auf 93 ab (Vorjahr: 114), die Unternehmen werben sensibler, so die Beobachtung des Werberats. Die Kategorien Diskriminierung von Personengruppen (-29 Prozent) sowie Ethik und Moral (-7 Prozent) tauschten die Plätze. Sexuell anstößige Werbung verzeichnete ebenfalls ein deutliches Minus von 45 Prozent. Bei letzterem stehen eher die Produkte selbst als die Werbung bei den Beschwerden in der Kritik, so z.B. bei Werbung für Gleitgel.

Digitale Werbung bei Werbemitteln in der Beschwerdestatistik vorn

Mit 67 Beschwerdefällen lag Werbung auf digitalen Plattformen, die in Deutschland werbestärkste Gattung, auch 2023 vorn (Vorjahreszeitraum: 76). Innerhalb der digitalen Werbung zogen die sozialen Netzwerke erneut die meiste Kritik auf sich (23 Fälle) vor Display-Werbung (18 Fälle) und den unternehmenseigenen Homepages (14 Fälle). Zwei Rügen wurden in den ersten sechs Monaten 2023 gegen Werbung auf digitalen Kanälen verhängt. Es folgten TV-Spots (37 Fälle) vor Plakatwerbung (33 Fälle). Zur Plakatwerbung eines Unternehmens an einer privaten Hausfassade gab es eine Rüge.

Handel als werbestärkste Branche im Fokus

Der Handel, ob stationär oder online, war wie bereits in den Vorjahren im Fokus der Beschwerden – die Branche schaltet traditionell die meiste Werbung in Deutschland. 37 Fälle, und damit rund sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wurden vom Werberat bearbeitet, gerügt wurde kein Unternehmen. An zweiter Stelle lagen die sonstigen Dienstleistungen mit 23 Fällen und einem Plus von 53 Prozent. Zu dieser Kategorie gehören beispielsweise Jobportale oder Autovermietungen. Die Mode- und Bekleidungsbranche lag mit Rang drei und 21 Fällen im Vergleich zu den Vorjahren relativ weit vorn, zuletzt hatte sie 2021 mit 16 Fällen auf Position fünf gelegen. Immer wieder beschweren sich Verbraucher über vorgeblich zu schlanke Mode-Models, die in der Regel jedoch nicht untergewichtig sind. Gerügt wurde kein Mode-/Bekleidungsunternehmen.

Öffentliche Rügen im ersten Halbjahr 2023

Die insgesamt fünf Öffentlichen Rügen der ersten sechs Monate 2023 hatte der Werberat bereits im Mai kommuniziert. Alle Rügen wurden wegen sexistischer Werbung erteilt, zwei Rügen gingen erstmals seit Bestehen des Werberats an die Games-Industrie. Die drei übrigen Rügen gingen an kleinere und mittlere Unternehmen aus den Bereichen Kfz  und -zubehör sowie Handwerk, deren Werbung meist nicht professionell begleitet wird.

„Der Wert der Rücksichtnahme auf die Empfindungen umworbener Menschen ist tragendes Element in der kommerziellen Kommunikation,“ kommentiert Katja Heintschel von Heinegg, Geschäftsführerin des Werberats, die rückläufigen Zahlen im Bereich sexistischer Werbung. „Ein professionelles Beschwerdemanagement, das die Bürgerinnen und Bürger über den Stand ihrer Beschwerde vom Eingang bis zum Ausgang des Verfahrens auf dem Laufenden hält sowie der starke Rückhalt in der Wirtschaft sind die Basis für die akzeptierte und erfolgreiche Arbeit des Werberats.“

Kontakt: Deutscher Werberat

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