Beschwerdefälle aus 2020

Beschwerdefälle aus 2020

  • Ein Beschwerdeführer wandte sich an den Werberat, weil er der Ansicht war, das Einsetzen eines Rappers, der auch jugendliche Fans hat, als Testimonial für ein alkoholhaltiges Getränk verstoße gegen die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats für alkoholhaltige Getränke. Der Werberat prüfte die Posts des Rappers, die dieser als gekennzeichnete kommerzielle Kommunikation für das beworbene Produkt in verschiedenen Social-Media-Kanälen veröffentlicht hatte. Da die Inhalte der Posts nicht gegen die Verhaltensregeln des Werberats zur kommerziellen Kommunikation für alkoholhaltige Getränke verstießen und insbesondere keine Aufforderungen an Jugendliche, das Produkt zu konsumieren enthalten waren, und zu dem die Social-Media-Leitlinien für die Hersteller alkoholhaltiger Getränke eingehalten wurden, sah der Werberat keinen Grund für eine Beanstandung.

 

  • Ein Lebensmitteleinzelhändler bewarb sein Spirituosensortiment in seinem Wochenprospekt mit der Aufforderung „Nehmen Sie sich Jack, Jim und Johnnie mit nach Hause“. Darüber fand sich die Abbildung der Whiskeymarken „Jack Daniels“, „Jim Beam“ sowie „Johnnie Walker“. Mit diesen Produkten könne man, so die Werbeaussage, trotz Kontaktbeschränkungen feiern und gleichzeitig soziale Kontakte im Lockdown vermeiden. Einige Beschwerdeführer wandten sich mit der Beanstandung an den Werberat, die Werbemaßnahme enthalte eine direkte Aufforderung, während des Lockdowns und bei verringerten sozialen Kontakten hochprozentigen Alkohol zu konsumieren. Nach Ansicht der Beschwerdeführer sei dies insbesondere deshalb bedenklich, weil gerade bei verringerten sozialen Kontakten die Suchtgefahr ohnehin ansteige. Konfrontiert mit dieser Kritik zeigte sich der Inhaber des Unternehmens einsichtig und erklärte, die Werbeanzeige künftig nicht mehr zu verwenden.

 

  • Ein Reiseportal bewarb im Internet seine Sommerangebote mit dem Slogan „In diesem Sommer reisen, als gäbe es kein Morgen“. Den Werberat erreichte hierzu Beschwerden: Dieser Werbespruch habe einen mehr als faden Beigeschmack, da sich die Corona-Pandemie auch aufgrund von acht- und rücksichtslosem Reiseverhalten in Europa habe ausbreiten können. Zudem sei der Slogan vor dem Hintergrund der Klimakrise, welche das Bedrohungsszenario eines „Planeten ohne Morgen“ aufzeigt, kritisch zu sehen. Das werbetreibende Unternehmen erklärte, nach Intervention des Werberats, den Slogan zu überarbeiten und nicht mehr zu verwenden.

 

  • Ein trauriger Dauerbrenner für den Deutschen Werberat stellen sexistische Werbemaßnahmen von Metzgereien dar, in denen Models mit dem unkreativen Wortspiel „Frischfleisch“ mit rohem Fleisch gleichgesetzt werden. Eine Metzgerei trieb diesen Narrativ 2020 auf die Spitze mit einem muskulösen Mann (der Kopf war nicht zu sehen), der sich ein phallusförmiges Steak vor den Intimbereich hielt. Der Slogan „Bock auf ein GEILES Stück Fleisch?“ rundete den Gesamteindruck ab. Das Unternehmen zeigte sich zunächst nicht einsichtig, so dass die Plakatwerbung dem Entscheidungsgremium des Deutschen Werberats vorgelegt, wurde. Dieser beanstandete die Werbung und gab der Metzgerei eine letzte Chance die Werbung zurückzuziehen, bevor eine öffentliche Rüge ausgesprochen würde. Damit konnte das Unternehmen bewegt werden, künftig auf die Verwendung dieses sexistischen Werbesujets zu verzichten.

 

  • Ein Inkassounternehmen bewarb ihre Serviceleistung auf einem Online-Banner mit zwei Männern. Im Hintergrund und Schatten, von mysteriös waberndem Nebel umhüllt, stand ein schwarzer Mann, komplett dunkel angezogen und mit einem Hut, wie man ihn aus Gangsterfilmen kennt. Vor ihm und perfekt ausgeleuchtet, ein weißer Mann, der einen helleren Anzug und einen farbenfrohen Schlips trug und dazu noch einnehmend in die Kamera lächelte. Der Werbetext dazu lautete: „Inkasso geht auch anders. Seriös mit [Firmenname].“ Der Deutsche Werberat teilte den Eindruck der Beschwerdeführer, dass die Werbung das Vorurteil des kriminellen und gefährlichen schwarzen Mannes ausnutze, um ihre Inkassoleistung zu bewerben. Zur Stellungname aufgefordert, zog das betreffende Unternehmen die Werbung sofort zurück und entschuldigte sich für die Werbemaßnahme und den dadurch entstandenen Eindruck.

 

  • Ein Finanzdienstleister bewarb seine Produkte mit einem Werbespot, in dem anlässlich einer Familienfeier ein Hund auf einem Rasenroboter durch den Garten fuhr. Der Werberat wurde in einer Beschwerde darauf hingewiesen, dass hier die Gefahr einer Nachahmung zu sehen sei und daher eine Gefährdung für Haustiere und spielende Kinder vorliege. Der Deutsche Werberat folgte den geäußerten Bedenken nicht. Für einen durchschnittlichen Verbraucher sei deutlich erkennbar, dass es sich hier um keine Nachbildung einer Alltagssituation handle, sondern um werbliche Übertreibung. Es sei zudem offensichtlich, dass der Hund dafür trainiert worden sei, ansonsten würde er von dem Gerät herunterspringen. Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen.

 

  • Eine Hörbuch-App wurde mit der Abbildung eines auf einem Fahrrad fahrenden Mannes beworben, der Kopfhörer aufgesetzt hatte und spannende Bücher anhörte. Der Beschwerdeführer machte in seinem Hinweis an den Werberat geltend, hier sei eine Nachahmungsgefahr gegeben, insbesondere für Kinder und Jugendliche, deren Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit durch das Anhören von Büchern beeinträchtig werde. Der Deutsche Werberat forderte den Werbungtreibenden umgehend zur Stellungnahme auf. Dieser teilte mit, das Motiv zukünftig nicht mehr verwenden zu sollen.

 

  • Ein zu Covid19 produziertes Online-Computerspiel wurde im Internet beworben. Im dazugehörigen Werbetext wurden verschiedene Mitglieder der Gesellschaft klischeehaft dargestellt und unter anderem als „Covidioten“ oder „Virenschleudern“ bezeichnet, die es zu umgehen gilt. Eine Beschwerdeführerin empfand insbesondere die Bezeichnung kleiner Kinder als „Virenschleudern“ herabwürdigend und nicht akzeptabel. Dieser Kritik schloss sich der Werberat nicht an. Er sah im Zusammenhang mit dem beworbenen Spiel keinen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die in den Verhaltensregeln aufgestellten Grundregeln zur kommerziellen Kommunikation. Es sei deutlich erkennbar, dass es sich Spiel um Satire handle und damit auch die werbliche Beschreibung in diesem Zusammenhang nicht ernsthaft herabwürdigend sei.

 

  • Ein Musikfestival warb auf Plakaten mit dem Porträt eines deutschen Kaisers, ergänzt durch einen Joint sowie weiteren Elementen der Flower-Power-Bewegung. Den Werberat erreichten mehrere Beschwerden, die diese Abbildung als eine positive Darstellung des Drogenkonsums sahen und Kinder und Jugendliche gefährde, das dargestellte Verhalten nachzuahmen. Der Deutsche Werberat erkannte in dem Werbemotiv klar eine humorvolle Interpretation des Festivalthemas, da auch verschiedene weitere Elemente der Hippie-Bewegung der 1960er Jahre im Werbemotiv aufgegriffen wurden. Eine Aufforderung zum Drogenkonsum sowie ein Wirkversprechen ließ sich durch die Themenwahl und Gesamtdarstellung nicht automatisch ableiten und der Fall wurde zurückgewiesen.

 

  • Eine Baumarktkette warb auf seinen Plakaten mit einer schwarzen Mitarbeiterin, die eine Gießkanne in den Händen hält, für eine Aktion zum Pflanzen von Bäumen. Der Beschwerdeführer kritisierte, dass die Frau wie eine Bedienstete dargestellt sei. Darüber hinaus erinnere die Abbildung stark an die Zeit der Sklaverei und würdige Menschen mit schwarzer Hautfarbe herab. Der Werberat teilte diese Kritik nicht. Er konnte in der bloßen Abbildung einer schwarzen Mitarbeiterin des Unternehmens keinen Verstoß gegen seine Verhaltensregeln gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen erkennen und wies die Beschwerde daraufhin zurück.

 

  • Anders verhielt es sich in dem Fall eines Vermieters von Ferienwohnungen. Neben dem Slogan „Reisen in bunter Runde“ sah man ein Foto einer Familie mit vier weißen und einem schwarzen Kind. Im Werbetext dazu hieß es „Wir lieben unkonventionelle Lebensformen, bunte Familien, Freunde fürs Leben genauso wie Menschen mit Hund“. Die Beschwerdeführer kritisierten, dass die Werbung Familien, die nicht dem klassischen Familienbild entsprechen mit Familien mit Hunden gleichsetze. Zudem wirke die Betonung auf das willkommen heißen von “unkonventionellen Lebensformen” in Verbindung mit dem Foto einer Familie mit vier weißen und einem schwarzen Kind so, als wäre die Familie nicht normal. Sie würden als geradezu exotische Abweichung von der Norm bezeichnet. Der Werberat erkannte zwar, dass die Maßnahme inklusiv und nicht abwertend gemeint war, konfrontierte den Werbetreibenden aber mit der Kritik der Beschwerdeführer. Dieser erklärte, die Werbemaßnahme sofort zurückzuziehen, wenn sie so missverstanden werden könne.

 

  • In der Vorweihnachtszeit bewarb ein Lebensmitteldiscounter seine Wochenangebote in einem Radiospot. Dieser begann mit einer abgewandelten Version des von einem Chor feierlich gesungenen christlichen Weihnachtsliedes „Alle Jahre wieder“. Die Beschwerdeführer machten geltend, die abgewandelte Version des Liedes verletze ihre religiösen Gefühle. Nach Ansicht des Werberats lag hier keine Herabwürdigung des christlichen Glaubens vor. Zwar handle es sich um ein christliches Weihnachtslied, dem aber auf Grund des hohen Bekanntheitsgrads mittlerweile die Bedeutung eines Volkslieds zukomme. Es habe auch losgelöst vom christlichen Glauben Einzug in die gesellschaftlichen Bräuche zur Weihnachtszeit gehalten und werde regelmäßig im säkularisierten weihnachtlichen Kontext verwendet. Da der abgewandelte Text überdies auch keinerlei religiöse Aussage enthielt, sah der Werberat hier keinen Verstoß gegen die Grundregeln zur kommerziellen Kommunikation.

 

  • Ein Telekommunikationsunternehmen warb mit einem Werbespot, der zwei Personen zeigt, die beim Warten an der Supermarktkasse ein Internetvideo auf dem Handy bestaunen. Das Video zeigt einen Mann, der mit einem halsbrecherischen Salto von einer Uferpromenade in einen Fluss springt. Ein Beschwerdeführer wandte sich an den Werberat und machte geltend, der Spot animiere Jugendliche zur Nachahmung dieses gefährlichen Verhaltens, immer wieder würden Menschen bei der Erstellung spektakulärer Internetvideos ums Leben kommen. Der Werberat konfrontierte das werbende Unternehmen mit dieser Kritik. Dieses zeigte sich einsichtig und erklärte, den Spot künftig nicht mehr zu verwenden.

 

  • Hohe Wellen im Saarland und auch darüber hinaus, schlug eine Werbemaßnahme, zu der den Werberat einige Beschwerden erreichten. Eine Firma bewarb das Angebot der Neubeschichtung von Pfannen mit Hilfe der Abbildung von leicht bekleideten weiblichen Models in sexualisierter Pose. Zentral neben den Damen prangte der Slogan „Ist Deine „Alte“ noch zu retten?“. Die Beschwerdeführer kritisieren die Art der Darstellung der Models als sexistisch. In Zusammenhang mit dem Werbespruch „Ist Deine „Alte“ noch zu retten würdige sie diese zu bloßen Objekten, den abgebildeten Bratpfannen gleich, herab. Der Werberat beurteilte dies als Verstoß gegen die Verhaltensregeln gegen die Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen“. Das werbetreibende Unternehmen zeigte sich uneinsichtig, weswegen eine öffentliche Rüge erteilt wurde.

 

  • Ein Lebensmitteleinzelhändler bewarb sein Feinkostangebot mit dem Slogan „Entdecken Sie sinnliche Genüsse aus aller Welt“. Dazu war eine Frau abgebildet, die mit verträumtem Blick auf die beworbenen Produkte sah. Eine Beschwerdeführerin kritisierte die Darstellung der Frau als sexistisch. Dem schloss der Werberat sich nicht an. Zwar sei die Frau in einer sinnlichen Pose abgebildet. Dies allein reiche jedoch nicht aus, um einen Verstoß gegen die Verhaltensregeln zu begründen. Hierzu müssten vielmehr weitere Umstände hinzukommen, die eine Herabwürdigung oder Diskriminierung von Frauen nahelegten. Solche seien nicht ersichtlich, im Gegenteil: Das Plakat werbe für Genuss mit allen Sinnen. Hierbei handelt es sich aber gerade nicht um sexuelle Anreize, sondern den Geschmacksinn.

 

  • Skurril mutete die folgende Beschwerde über einen vermeintlichen Fall von Männerdiskriminierung an. Ein Möbelhaus warb in einem TV-Spot für Bettwaren: Er, der Mann, schläft tief und fest und hält sein kühlendes Kopfkissen fest umklammert. Als sie, seine Lebensgefährtin, zu ihm ins Bett kommt, entwindet sie ihm das Kissen und legt es unter ihren eigenen Kopf, während er friedlich weiterschläft. Nach Ansicht eines Beschwerdeführers zeuge das gezeigte Verhalten von tiefer Verachtung gegenüber Männern. Der Werberat sah das anders und wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Es gebe in dem Werbespot nichts, was auf eine männer- oder menschenverachtende Diskriminierung hindeute.

 

  • Von Zeit zu Zeit gehen beim Deutschen Werberat Beschwerden über Display- oder Bannerwerbung für Tiefkühlkost für Tiere ein. Darin bewerben Online-Shops ihre Tiefkühlware, die als Futter für Haustiere dient. Die Bilder zeigen oft Tüten mit gefrorenen Mäusen, Ratten oder Wachteln. Die Beschwerdeführer empfinden solche Bilder als abstoßend und machen einen Verstoß gegen ethisch-moralische Grundwerte geltend. Der Deutsche Werberat weist solche Beanstandungen regelmäßig zurück, solange die Bilder nicht bewusst schockierend oder verstörend sind und allein der Veranschaulichung der beworbenen Produkte dienen. Auch im Online-Handel muss es den Shop-Betreibern schließlich möglich sein, den Kunden ein realistisches Bild der angebotenen Produkte zu vermitteln – natürlich ohne dabei die Grenzen von Anstand und Moral zu überschreiten.

 

  • Ein Hersteller von Medizinprodukten bewarb seine Implantate, im konkreten Fall künstliche Kniegelenke, auf einem Plakat mit der Abbildung einer männlichen Hand, die einer Frau unter den Rock an den Oberschenkel greift, versehen mit dem Text: „Nicht nur unsere Patienten sind mit unseren Knien sehr zufrieden“. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass die Werbung die Frau auf ihre sexuellen Reize, nämlich ihre schönen Beine, reduziere und dass durch die gezeigte Situation zudem übergriffiges Verhalten verharmlost werde. Schließlich sei es nicht angezeigt, einer Frau unter dem Tisch unter den Rock zu greifen. Das Unternehmen schloss sich dieser Einschätzung der Beschwerdeführerin nicht an und argumentierte, es gehe bei der Implantation eines künstlichen Knies eben auch um die optische Wahrnehmung des Beins nach der Operation, hierauf habe man den Fokus lenken wollen. Dessen ungeachtet erklärte das Unternehmen, das Plakat künftig nicht mehr einzusetzen.

 

  • Dutzende Beschwerden erreichten den Deutschen Werberat als Reaktion auf den Werbespot für einen Homeshopping-Sender: Eine junge Frau droht, den Hamster ihrer besten Freundin in den Mixer zu stecken, wenn ihre Freundin ihr nicht endlich verrät, wo sie ihr neues Kleid gekauft hat. Sie will ihrer Freundin nicht glauben, dass diese das Kleid über den Homeshopping-Kanal gekauft hat. Um die Wahrheit herauszufinden, lässt sie den Hamster zunächst nah über dem Mixer baumeln, um ihn dann aus größerer Höhe fallen zu lassen. Eine Behandlung, die ein echter Hamster nicht überlebt hätte, weil solche Stürze für die Kleintiere tödlich seien. Zahlreiche Beschwerdeführer empfanden die Werbemaßnahme als unmoralisch und sahen das gezeigte Verhalten als Tierquälerei an. Angesprochen auf die Kritik der Beschwerdeführer wies das Unternehmen zunächst darauf hin, dass es sich um eine Computeranimation handle und selbstverständlich kein echter Hamster beim Dreh zu Schaden gekommen sei, änderte aber dennoch den Werbespot ab und ersetzte den Hamster durch ein Mobiltelefon.

 

  • Ein Versandhändler für Seifen und andere Kosmetikprodukte bewarb im Frühjahr seine Seifen in einem Newsletter mit Tipps zum gründlichen Händewaschen mit Verweis auch auf das grassierende Corona-Virus. Ein Beschwerdeführer nahm dies zum Anlass, deutliche Kritik an dieser Werbemaßnahme zu üben. In dem Newsletter werde seiner Meinung nach Angst und Panik in der Bevölkerung dafür benutzt, um Produkte zu bewerben, was unter moralischen Gesichtspunkten höchst verwerflich sei. Der Werberat folgte dieser Kritik nicht. Das unterlassene Waschen der Hände sei als Übertragungsursache für Viren und Bakterien hinlänglich bekannt. Eine Instrumentalisierung von Angst liege nicht vor.

 

  • Kritik rief auch die Online-Werbemaßnahme einer Zahnarztpraxis hervor, die dort die übergroße Darstellung eines weiblichen Mundes mit der Aufforderung verband, Krebs-Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Ein Beschwerdeführer sah die Abbildung des weiblichen und geschminkten Mundes als sexistische Werbemaßnahme. Eine Frau werde auf ihre Sexualität reduziert dargestellt. Der Werberat konnte sich dieser Kritik nicht anschließen. Mit dem Motiv des Mundes sei hier ein deutlicher Zusammenhang zur beworbenen Dienstleistung erkennbar. Eine Reduzierung der Frau auf ihre Sexualität sei zudem nicht zu erkennen.

 

  • Ein Postdienstleister bewarb seine Leistungen mit Print-Anzeigen, in denen eine seiner Mitarbeiterinnen einen Eisbären küssend dargestellt war. Die Anzeige war mit „WEIL WIR DIE WELT LIEBEN“ überschrieben. Den Werberat erreichte eine Beschwerde, in welcher diese Werbemaßnahme als ethisch und moralisch verwerflich bezeichnet wurde. Solch schrecklichen Raubtieren Zuneigung zu zeigen sei für den Menschen lebensgefährlich. Gerade für Leib und Seele von jungen Menschen sei diese Werbeanzeige deshalb eine Gefahr. Der Werberat wies die Beschwerde zurück. Die Anzeige werbe dem Gesamteindruck nach für die Nachhaltigkeit der angebotenen Produkte. In diesem Zusammenhang sei auch die herzliche Abbildung zwischen Mitarbeiterin und Eisbär zu sehen.

 

  • Das Titelblatt des Herbstkatalogs eines Reiseanbieters zeigte im Vordergrund eine entspannt lächelnde weiße Urlauberin neben einem Zug stehend, während im unscharfen Hintergrund ein schwarzer Mann in Pagenuniform zu sehen ist, der ihr Gepäck trägt. Diese Abbildung verfestige das rassistische Vorurteil des dienenden Schwarzen, der seinen rechtmäßigen Platz nicht in der Mitte der Gesellschaft, sondern wie in der betreffenden Werbung auch wortwörtlich im Hintergrund hat, hinter den Weißen. Auch in diesem Fall wurde der Deutsche Werberat umgehend tätig und forderte zur Stellungnahme auf. Das Unternehmen reagierte unverzüglich und entschuldigte sich dafür, dass diese berechtigte Kritik nicht schon im Haus die Veröffentlichung des Katalogs verhindert hat. Das Bild wird in künftigen Werbemaßnahmen nicht mehr verwendet und die Neuauflage des Kataloges mit einem anderen Bild versehen.

 

  • Ein Radiosender warb in seinem Programm mit der Aussage, dass er als direkter Partner des Christkindes Kinderwünsche erfülle. Nach Ansicht eines Beschwerdeführers handle es sich hierbei um eine offenkundige Falschbehauptung, mittels derer der Radiosender gezielt junge und unerfahrene Hörer anlocken und hinters Licht führen wolle. Der Werberat wies die Beschwerde mit dem Hinweis zurück, dass die Werbeaussage, direkter Partner des Christkindes zu sein, ersichtlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen sei.

 

  • Öffentlich gerügt wurde auch die als frauendiskriminierend befundene Werbung einer Metzgerei: Auf einen Verkaufsautomaten, in dem frische Waren der Metzgerei verkauft wurden, stand „24 Stunden Wurstfachverkäuferin“ und „Warum heißt der Automat ‚Wurstfachverkäuferin‘? Ganz einfach. Verkauft Wurst. Hat ein Wurstfach. Ist 24h für dich da, kann also nur weiblich sein.“ Der Werberat beurteilte die Werbemaßnahme als sexistisch, da Frauen mit Maschinen gleichgesetzt würden, die 24 Stunden lang bereitstehen müssen, um sich um ihr Umfeld zu kümmern. Beanstandet wurde dabei nicht der Automat an sich, sondern seine Bewerbung. Der Werberat verkannte dabei nicht, dass Stereotype auch eingesetzt werden können, um der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, hierzu fehlte in der Werbemaßnahme aber jegliche Distanzierung. Da die Geschäftsführerin der Metzgerei die Kritik um die Bewerbung ihres Automaten auch nach mehrmaligem Schriftwechsel nicht nachvollziehen konnte und nicht abändern wollte, landete dieser Fall auf der Rügenliste 2020.

 

  • Kritik erreichte den Werberat zu einer Werbeanzeige eines Telefonbuchverlags, der mit dem Bild eines Handwerkers und dessen Kunden warb. Der dazugehörige Werbeslogan bezog sich auf die „zwei linken Hände“ des Kunden, der dank des beworbenen Produktes den geeigneten Handwerker finden konnte. Der Beschwerdeführer verstand die Verwendung der Formulierung „zwei linke Hände“ als Diskriminierung von Linkshändern, da sie diese als weniger geschickt als Rechtshänder darstelle. Der Werberat sah im Werbemotiv die bildliche Umsetzung des Sprichworts „zwei linke Hände haben“ und keine Herabwürdigung von Linkshändern. Entsprechend wurde kein Verstoß gegen die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen festgestellt und die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

 

  • Ein Streaminganbieter bewarb eine neue Datingshow in diversen Werbemedien unter anderem mit dem der Jugendsprache entnommenen Ausdruck „MILF“. Dieser bezeichnet eine Mutter, die äußerlich so attraktiv ist, dass sie als Sexualpartnerin in Frage kommt. Insbesondere zu den Plakaten, die Protagonisten der Datingshow zeigten und den Slogan „MILF“ oder „Missy“ enthielten, erreichte den Werberat kurz nach Veröffentlichung der Werbemaßnahmen. Die Bezeichnung „MILF“ wurde als sexistisch empfunden, weil die Frau hier gänzlich auf ihre Sexualität reduziert würde. Vom Werberat zur Stellungnahme aufgefordert änderte der Streamingdienst die gesamte Kommunikation zur Datingshow und strich den Begriff „MILF“ aus den Werbemaßnahmen.

 

  • Kritik erreichte den Werberat zu einem an die Serie „Games of Thornes“ angelehnten TV-Spot eines Finanzdienstleisters: Eine despotische Königin lehnte die ihr vorgeschlagene Anlage eines Schatzes in den beworbenen Investmentfonds ab und lies ihn stattdessen von einem Drachen bewachen. Unglücklicherweise vernichtete der feuerspeiende Drache die Geldscheine, Münzen und Juwelen und sie verlor den Schatz. Nach Ansicht der Beschwerdeführer stellte der TV-Spot Frauen als unfähig dar, mit Geld umzugehen, die Königin werde als beratungsresistent zu dumm, ihr Geld sicher anzulegen, dargestellt. Dies sei sinnbildlich für alle Frauen. Dieser Kritik schloss sich der Deutsche Werberat nicht an. Eine generelle Aussage, dass Frauen nicht mit Geld umgehen können, konnte dem Spot nicht entnommen werden. Das Geschlecht der Königin sei nicht ausschlaggebend, genauso gut hätte ein männlicher Schauspieler die Rolle eines despotischen Königs einnehmen können. Eine pauschale Herabwürdigung von Frauen liege nicht vor.